10 Forderungen für eine Organisationsreform der SPÖ Wien

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Die SPÖ Wien hat Ende Jänner 2016 unter dem Titel „Impulse 31“ Ziele für eine Organisationsreform der Partei vorgestellt. Leider bleiben diese sehr unkonkret. Dafür wollen wir als Sektion 8 umso präziser werden: 10 Forderungen für eine Organisationsreform der SPÖ Wien.*

Als zentrales Problem der SPÖ, und im speziellen der SPÖ Wien sehen wir das Fehlen innerparteilicher Demokratie. Besonders wenn man möchte, dass sich mehr Menschen ehrenamtlich engagieren, muss man den Mitgliedern Mitbestimmungsrechte zuerkennen. Dass die Demokratie in der SPÖ Wien ausgebaut werden muss zeigt sich an folgenden Beispielen:

  • Einheitslistenwahlen statt Konkurrenzkandidaturen: In der Regel stimmt bei innerparteilichen Wahlen die Anzahl der KandidatInnen mit der Anzahl der zu vergebenden Funktionen überein. Das liegt vor allem daran, dass die Wahlkomitees einheitliche Wahlvorschläge unterbreiten. So können die wahlberechtigen Delegierten zwar ihren Unmut durch Streichungen zum Ausdruck bringen, AlternativkandidatInnen gibt es aber zumeist keine.
  • Mitglieder ohne jegliche Einflussmöglichkeiten: Zwar gibt es zahlreiche Angebote mitzudiskutieren, an Entscheidungen können sich die SPÖ-Mitglieder aber nur auf Sektionsebene beteiligen. Das betrifft sowohl inhaltliche Richtungsentscheidungen als auch die Erstellung von Wahlvorschlägen für öffentliche Ämter. Diese Entscheidungen werden meist nur von wenigen SpitzenfunktionärInnen getroffen – manchmal sogar ohne jegliche statutarische Legitimation.
  • Keine Abbildung der internen Vielfalt der Partei: Während in den meisten sozialdemokratischen Parteien die innerparteilichen Plattformen und Strömungen ein breites Meinungsspektrum widerspiegeln, gibt es in der SPÖ keine innere Diversifikation. Gruppen- und Flügelbildungen werden seit jeher mit großer Skepsis betrachtet. Minderheitenmeinungen bleiben daher oft ohne Gehör.
  • Tote Gremien: Parteigremien sind oft politisch leblose Orte, in denen kaum diskutiert oder strategische Arbeit geleistet wird. Die Mitglieder der Gremien sehen sich meist als RepräsentantInnen ihrer Bezirke oder Organisationen, aber nicht in der Verantwortung für die gesamte Organisation.

Eine Organisationsreform der SPÖ Wien sollte sich daher an diesen 10 Grundansprüchen orientieren:

  1. Wahlen mit Auswahlmöglichkeiten: Die einheitlichen Wahlvorschläge der Wahlkomitees  sollen abgeschafft werden. Jedes Mitglied soll sich bewerben können, sofern es eine gewisse Anzahl an Unterstützungserklärungen erhalten hat. Sowohl bei der Erstellung von Wahlvorschlägen für öffentliche Ämter als auch bei der Wahl von Delegierten, Vorständen und Vorsitzenden soll es in Zukunft mehr KandidatInnen als zu vergebende Mandate geben.
  2. Direktwahlen: Delegierte und Parteigremien sowie die Vorsitzenden sollen direkt durch die Mitglieder gewählt werden. Der Landesparteisekretär oder die Landesparteisekretärin soll zumindest vom Landesparteitag gewählt werden.
  3. Vorwahlen: Die Erstellung der Wahlvorschläge für öffentliche Ämter soll durch interne Vorwahlen unter Beteiligung aller SPÖ-Mitglieder erfolgen. In weiterer Folge soll aber auch die Abhaltung von offenen Vorwahlen im Einzelfall angedacht werden.
  4. Mitgliederentscheide: Nach internationalem Vorbild sollen die sozialdemokratischen Parteimitglieder auch in Wien vermehrt durch Mitgliederentscheide eingebunden werden. Koalitionsabkommen sollen der Zustimmung einer Mehrheit der Mitglieder in einer Urabstimmung bedürfen.
  5. Klare Regeln für innerparteiliche Abstimmungen: Bei kompetitiven innerparteilichen Abstimmungen muss es faire Regeln für den Wahlkampf geben: Die strikte Neutralität der Sekretariate, eine klare Begrenzung der Wahlkampfkosten sowie Zugang zu Mitgliederlisten müssen im Statut klar geregelt werden.
  6. Minderheitenmeinungen abbilden: Relevante Minderheitenpositionen sollen in allen Parteigremien vertreten sein. Deshalb soll die Einführung von Verhältniswahlelementen bei innerparteilichen Wahlen angedacht werden.
  7. Funktionsfähige Parteigremien: Der Vorstand soll auf eine arbeitsfähige Gruppe verkleinert werden, einzelne Vorstandsmitglieder sollen klare Aufgabenbereiche zugewiesen bekommen. Zusätzlich soll ein Parteikonvent nach Vorbild der SPD und der Labour Party eingeführt werden, der in regelmäßigen Abständen zwischen den Parteitagen tagen und für den Politikformulierungsprozess verantwortlich sein soll.
  8. Doppelfunktionen einschränken: Bezahlte politische Funktionen und Angestelltenverhältnisse in der SPÖ sollen nicht von derselben Person in Personalunion ausgeführt werden. Zudem sind Ämterkumulierungen zu vermeiden bzw. stark einzuschränken. Stattdessen sollen politische Funktionen auf so viele Menschen wie möglich aufgeteilt werden.
  9. Sektionen stärken: Als Basisstrukturen garantieren die Sektionen das Überleben der SPÖ. Sie sollen daher mehr politischen Spielraum und einen größeren Anteil an den Mitgliedsbeiträgen erhalten.
  10. Transparenz und Information: Wichtige Informationen sollen für Mitglieder leicht auffindbar zugänglich sein. Dazu gehören zum Beispiel Statuten und Geschäftsordnungen, Anträge der Parteitage und das Organigramm der Partei inklusive Kontaktmöglichkeiten aller FunktionsträgerInnen.

Hier sind die 10 Forderungen auch nochmals in einem PDF-Dokument zusammenfasst: 10 Forderungen für eine Organisationsreform

*Diese Forderungen bauen auf einem von Oliver Zwickelsdorfer formulierten Antrag auf, sie wurden vom Sektionsplenum überarbeitet und für die SPÖ Wien adaptiert.

Diskussion: „Vorwahlen würden viele den Job kosten“

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In einem Gespräch mit der Presse vom Herbst 2013 disktierte Oliver Zwickelsdorfer mit zwei Vertretern von ÖVP und Grünen über innerparteiliche Demokratie. Im Rahmen dessen entkräftet er das Argument, innerparteiliche Vorwahlen würden zu irreperablen Rissen in Parteien führen:

„In der SPÖ existiert die Idee, dass wenn es eine Vorwahl mit mehreren Kandidaten gäbe, das zerstritten wirken würde. In anderen europäischen sozialdemokratischen Parteien gibt es überall Kampfabstimmungen, und es registrieren sich dafür viele Menschen, die gar nicht Parteimitglieder sind. Da kommen Massen, und das mobilisiert später auch im Wahlkampf. Ich glaube, dass François Hollande auch deshalb gewonnen hat, weil so viele zur Vorwahl kamen.“

Link: Diskussion: „Vorwahlen würden viele den Job kosten“

Innerparteiliche Demokratie am Beispiel dreier sozialdemokratischer Parteien Europas

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Die innerparteiliche Demokratie ist in wichtigen europäischen sozialdemokratischen Parteien sehr lebendig, wie Oliver Zwickelsdorfer in einem Beitrag für die Zukunft im Jahr 2013 ausgeführt hat. In der britischen Labour Party wählen drei Kurien den Parteivorsitzenden, bei den SozialistInnen in Frankreich findet eine Urwahl unter allen Mitgliedern statt und beim italienischen Partido Democratico können alle SympathisantInnen über den/die Spitzenkandidat/in mitenscheiden, sofern sie 2 Euro beitragen.

Alle diese Prinzipien sind in der SPÖ nicht einmal in Ansätzen verwirklicht. Es liegt daher der Schluss nahe, dass der innerparteiliche Einfluss der SPÖ-Mitglieder deutlich geringer ist als jener der Mitglieder der drei dargestellten Parteien.

Link: ZUK_2013-01_p34-41

Vortragsunterlagen Parteidemokratie

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Im Herbst 2011 hat Oliver Zwickelsdorfer im Rahmen der Parteidemokratie-Kampagne der Sektion 8 im Rahmen eines Vortrags die innerparteiliche Demokratie in der britischen Labour-Party, im französischen PS und im italienischen Partido Democratico verglichen. Die Vortragsunterlagen sind hier zu finden: